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Origami – die Kunst des Papierfaltens

Origami. Minutiöses Falten eines kleinen, rutschigen Papiers: Schwitzige Hände, krumme Knicke, ein schiefes Häufchen Etwas als Endergebnis.
Das ist wohl für viele Origami-Laien der erste Gedanke, der in den Sinn kommt, wenn man an die japanische Faltkunst und vielleicht sogar an die eigenen letzten Versuche denkt.

Doch hinter den Formen aus Papier steckt jahrhundertelange Tradition, Geschichte und eine mehr als ausgefeilte Technik. Daher wundert es nicht, dass sich in jüngerer Zeit ein regelrechter Trend entwickelte, der Origami unter anderem als Entspannungstechnik und konzentrationsfördernde Beschäftigung anpreist. Auch Psychologen und Therapeuten bestätigen die besondere Wirkung der Faltkunst auf Körper und Seele.

Geduld und das Wagnis eines erneuten Versuchs machen sich hier also definitiv bezahlt! Mit den vielen Insidertipps, den Erklärungen unserer Experten und einer tollen Faltanleitung steht einem (Neu-) Start nichts im Wege. Achtung Suchtgefahr!

 

Anna Kastlunger von Origami Austria 

Anna Kastlunger ist Administratorin des Internationalen Origami Forums und Mitbegründerin von Origami Österreich. Zudem ist sie Autorin des Buchs „Origami – Neue Ideen für originelle Falt-Objekte“. Seit 2006 übernimmt sie die Organisatorin des jährlich stattfindenden internationalen Diagramm-Austausch-Projekts „Origami Weihnachts Buch“. Einige ihrer Eigenkreationen sind in der „Mujeres de Papel“-Ausstellung im spanischen Origami Museum Emoz in Saragossa zu sehen.

 

Wie wird Origami heute noch praktiziert und was macht den Reiz an Origami aus?

Origami befindet sich heute auf einem nie zuvor erreichten Zenit. Es ist möglich, Dinge zu falten, die man sich zu Beginn der Faltkunst nie erträumen hätte können. Während Papier in seinen Anfängen sehr teuer und nur dem reichen Adel vorbehalten war und für das Falten von Glücksbringern, Opfergaben oder Tischdekorationen verwendet wurde, so ist es heute günstig und für alle Bevölkerungsschichten verfügbar.

Täglich entstehen tolle neue Modelle in einer nie gekannten Komplexität. Aber Origami wird heutzutage nicht nur zu künstlerischen Zwecken gefaltet. Auch die Wissenschaft hat das Potential, das im Papierfalten steckt, erkannt. Überall dort, wo etwas klein oder flach transportiert werden soll, um später ein größtmögliches, genau definiertes Volumen zu erreichen, werden die Erkenntnisse des Origami genutzt.

Es gibt weltweit Origami-Vereine, die Treffen organisieren, um Origami-Begeisterte zusammen zu bringen. Im Internet werden Bilder der Faltungen, Faltanleitungen und Techniken ausgetauscht. Der Reiz des Origami liegt heute darin, ALLES falten zu können. Ohne Schnitte, ohne Klebstoff, einfach nur mit ein bisschen Papier.

 

Welche geschichtlichen und traditionellen Hintergründe liegen Origami zu Grunde?

Stoffe und andere Materialien zu falten, war bereits vor der Erfindung des Papiers durchaus üblich. Erst über 700 Jahre später, im Jahr 610, brachten buddhistische Mönche Papier von China nach Japan, wo sich das Falten von Papier zu ihren Höhepunkten entwickelte. Da Papier ein teures Luxusgut darstellte, konnte es lediglich in zeremoniellen Faltungen verwendet werden.

Erst viele hundert Jahre später entwickelte der Japaner Akira Yoshizawa im 20. Jahrhundert, ausgehend von den traditionellen Vorlagen, neue Motive. Seine Technik basierte auf einfachen systematischen Zeichnungen, die er Diagramme nannte. Sein Ziel war es, strukturierte Faltanleitungen zu erarbeiten, die weitergegeben werden konnten und allgemein verständlich waren. Sie bilden die Grundlage für das bekannte Yoshizawa-Randlett-System – das System, nach dem heutige Origamianleitungen verfasst werden. Diese Etappe der Origamigeschichte hatte zur Folge, dass sich innerhalb weniger Jahre die Kunst des Papierfaltens revolutionierte und neue hochkomplexe Modelle entstanden.

 

 

 

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Julia Schönhuber von Papierdesign 

Seit 2004 beschäftigt sich Julia Schönhuber intensiv mit Origami. Die Entspannung und die Faszination, die sie beim Falten erlebt, möchte sie gerne mit vielen Menschen teilen. Sie ist Mitglied im Verein „Origami Deutschland“ und nimmt regelmäßig an Origamitreffen teil, um sich mit anderen Faltern auszutauschen. Gegenseitiger Austausch und Inspiration stellen hier den großen Reiz für sie dar.

 

Welches Papier eignet sich für Origami am besten?

Viele Arten von Papier sind für Origami geeignet. Die Herausforderung besteht darin, die Faltung auf das Papier abzustimmen beziehungsweise das passende Papier für ein bestimmtes Modell zu finden. Die meisten Modelle werden aus einem Papierquadrat gefaltet.  Es gibt folgende Qualitätskriterien für Origamipapier:

  1. Die beiden Seiten des Papiers sollten sich deutlich voneinander unterscheiden. 
    Japanisches Standard-Origamipapier ist auf einer Seite einfarbig und auf der anderen Seite weiß. Das von mir gestaltete Kaleidoskop-Papier ist auf der einen Seite bunt gemustert und auf der anderen einfarbig bedruckt. Bei Origami ist es von Bedeutung, ob eine Falte auf der Vorderseite oder Rückseite gemacht wird und so dient der Kontrast dazu, den Überblick zu behalten. Auch gibt es viele Figuren, bei denen beide Papierseiten zur Geltung kommen.
  2. Das Papier muss exakt quadratisch zugeschnitten sein. 
  3. Das Papier sollte eher dünn sein, aber eine gewisse Stabilität aufweisen. Die Papierstärke wird in Gramm pro Quadratmeter angegeben. Am besten eignet sich eine Stärke zwischen 60 und 90 g / m².
  4.  Idealerweise umweltfreundlich produziertes Papier verwenden. Das von mir gestaltete Kaleidoskop-Papier wird mit Farben auf Pflanzenölbasis bedruckt und ist in vielen verschiedenen Designs und drei Größen erhältlich (10 x 10 cm, 15 x 15 cm und 21 x 21 cm). Es bietet ein besonderes Falterlebnis: bei jedem Faltschritt entstehen neue Muster. Auch einfache Modelle sind damit sehr wirkungsvoll.

 

Welche Falttechniken und Grundformen gibt es?

Grundsätzlich besteht jedes gefaltete Objekt aus Berg- und Talfalten. Die Möglichkeiten sind dabei unendlich vielfältig. Beispiele für Falttechniken:

Klassisches Origami: Ein Blatt Papier wird mit den Händen zu einer Figur gefaltet, ohne dabei Hilfsmittel wie Kleber oder Schere zu verwenden.
Modulares Origami: Viele einzelne Teile werden gefaltet und anschließend zusammengesteckt.
Nassfalten (Wet-Folding): Falten mit angefeuchtetem Papier oder Karton, um das Modell besser ausformen zu können. Das fertige Modell ist dann sehr stabil.
Tessellation: Gekachelte Faltbilder mit sich wiederholenden Mustern – gefaltet aus nur einem Blatt.
Crumpling: Bei dieser Falttechnik wird das Papier geknittert und geknüllt.

 

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Anya Midori von Faltsucht

Während ihrer Ausbildung zur Ergotherapeutin entdeckte Anya Midori ihre Leidenschaft für die Papierfaltkunst neu und entwickelte die Technik der Nano-Origamis für sich. Vor knapp 10 Jahren trat sie dem Origami Deutschland e.V. bei und gründete faltsucht.de.

 

Welche Tipps hast du für Origami-Einsteiger?

Es gibt eine Vielzahl winzig kleiner Tipps, die den Erfolg beim Origami erheblich steigern.
Wie bei allen neuen Techniken sollte man sich am Anfang eine leichte Figur heraussuchen und diese am besten mit einem erfahreneren Falter gemeinsam falten. Zum besseren Verständnis ist es gut, eine gezeichnete Anleitung aus einem Origamibuch sowie parallel dazu ein Video im Internet zu schauen.

Jedes Origamibuch hat zu Beginn eine Legende für die weltweit einheitlichen Faltsymbole, dessen Bedeutung man sich unbedingt vor und während des Faltens ansehen sollte. Mit Hilfe dieser Symbole lassen sich auch englische oder japanische Bücher ohne Probleme lesen.  Bei guten Origamibüchern sind die Modelle nach Schwierigkeitsgrad geordnet, sodass es sich empfiehlt, das Buch von Anfang bis Ende durch zu falten.

Der richtige Arbeitsplatz sowie die geeignete Arbeitsplatzatmosphäre sind ebenso entscheidend für ein gutes Faltergebnis. Zum Falten benötigt man genügend Platz auf einer sauberen, geraden Oberfläche (idealerweise auf einer Schneidmatte) und ebenso frisch gewaschene Hände mit natürlichen Fingernägeln. Das Papier sollte eine Ausgangsgröße von 15-20 cm² haben und idealerweise zweifarbig sein. Wenn man dann noch eine große Portion Geduld und Spaß mitbringt, kann nichts mehr schiefgehen.

 

Inwiefern kann Origami auch als Entspannungs- und Ausgleichstechnik eingesetzt werden?

Papier zu falten ist in erster Linie eine herausfordernde Technik, da es viel Geschicklichkeit und konstruktives Denken erfordert, das Papier mit den richtigen Knicken zu dem gewünschten Modell zu falten. Wenn man dann einmal den Dreh heraus hat und ein Modell öfters gefaltet hat, geht es leichter von der Hand und der Kopf kann sich entspannen. Das Zusammenspiel von motorischer Tätigkeit der Hände und dem Abschalten des aktiven Denkens lässt unser Gehirn in eine Art Meditation verfallen.
Dieser positive Effekt wird im Bereich der Ergotherapie oder Kunsttherapie mit psychisch erkrankten Patienten erfolgreich angewandt. Natürlich kann sich auch jeder Bastelliebhaber zu Hause diesen Effekt zunutze machen, wenn er abgespannt von der Arbeit kommt oder aufgrund eines turbulenten Familienalltags abends ein bisschen zur Ruhe kommen möchte.

 

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Rosy von Love Decorations 

Rosy ist das Gesicht hinter dem Blog Love Decorations. Hier lässt sie mehrmals in der Woche ihrer Kreativität freien Lauf, was sie vom sonstigen Alltag abschalten und entspannen lässt. Ihr Motto hierbei lautet: Jeder noch so kleinen Sache eine persönliche Note verpassen. Neben vielen DIY-Projekten stößt man auf dem Blog auch auf Rezepte und Hairstyle-Tutorials.

 

DIY- Origami- Vase

Wer möchte, kann die bevorstehenden Feiertage gleich nutzen, um sich im Falten einer tollen DIY- Origami-Vase zu üben. Oder ihr sucht gerade noch einen Tipp für das fehlende Last-Minute-Weihnachtsgeschenk? Man braucht nur ein paar wenige Utensilien und schon ist im Handumdrehen eine elegante Vase gebastelt. Und eins ist versprochen: Jeder kann sie nachmachen – es ist wirklich einfach und macht dabei so viel her!

Zum Nachbasteln einfach hier vorbeischauen.

  1. Pingback: DIY Origami Vase #4 und meine besondere Beziehung zu meiner Babyborn (nicht) - Love Decorations

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